Ich war dabei, mich auf eine Diskussion vorzubereiten, wenn – wie alte Freunde – einige alte Fragen zur Kunst wieder auftauchten:

Warum machst Du da eigentlich?

Und:

Warum hat sich Deine Kunst von den alten Metallkonstruktionen zu dem do so anderen Erscheinungsbild nach 2010 hin gewandelt? Auch wenn Du immer noch diese streifenartigen Bildformate verwendest?

Nun, um mit dem letzten Aspekt anzufangen: Diese Streifen haben den Ausgangspunkt meiner Arbeiten der vergangenen 20 Jahre dargestellt. „Wie erhalten wir eigentlich eine Vorstellung von unserer Wirklichkeit, die uns umgibt?“ Wir stellen fest, dass es nicht die Augen sind, die uns ein Bild verschaffen, sondern das Gehirn puzzelt die eingehenden Informationen so zusammen, dass Sinn entsteht. Die geschieht nach Regeln, die es wert sind untersucht zu werden.

Blickt man in einem Raum aus verschiedenen Fenstern, sieht man offensichtlich unterschiedliche Dinge und wir verwenden einen recht komplexen Apparat, um hinter diesen Informationen EINE Wirklichkeit zu sehen. Aber wir schaffen das ohne große Anstrengung, also seine Sie vorsichtig mit dieser „selbstgemachten“ Wirklichkeit: nicht alles ist verlässliche Wahrheit.

Zweitens: Unser Gehirn liebt Linien. Durch ihre Informationen fällt es uns leicht, einen Raum oder einen Gegenstand als Ganzheit zu erfassen und damit im Alltag umzugehen. Bis ca. 2010 konzentrierte sich meine Arbeit auf diesen Bereich und auf Fragen wie: „Wie weit dürfen die Bildtafeln voneinander entfernt sein, wie groß müssen sie sein und was muss darauf passieren, damit das Gehirn aus dieser Information ein Raumkonzept erstellen kann?“

Mehr ein Nebeneffekt bei diesem Ansatz war die Tatsache, dass die Bilder eine Welt der großen Maschinen und Anlagen darstellten, wie sie bis in die 80er Jahre unsere Vorstellungen von Entwicklung bestimmt haben. Aber das war nie der Ausgangspunkt meiner Arbeiten gewesen.

Drittens: Um das Jahr 2010 herum änderte sich der Fokus meiner Arbeiten leicht. ES sind nicht nur die Linien, die „Sinn ergeben“ und das Entwickeln von Vorstellungen ermöglichen. Wenn wir die Malerei lieben, dann ist es oft die Spur der Pinselbewegung auf der Bildfläche, die subtilen Farbveränderungen, die Entwicklung von Form, Richtung, Struktur und Beziehungen aus der Malspur heraus, an der wir Freunde empfunden und die bei uns ein Suchverhalten in Gang setzt: Menschen neigen dazu, Spuren von Wirklichkeit zu entdecken, auch in Malerei, die nie etwas Derartiges beabsichtigt hat. Sie entdecken Räumlichkeiten, Licht, Formen von Objekten und Ähnliches. Das Verhalten zeigt: Unser Gehirn ist auf Sinn aus, wir interpretieren Informationen in ihrem Bezug zu unserer Wirklichkeit, so wie wir sie erleben. Unsere Vorfahren hätten wohl nicht überlebt, wenn sie nicht die Gabe gehabt hätten, die Informationen zu ordnen und Sinn aus dem zu entwickeln, was ihnen ihre Sinne als Information gaben. So ist es auch nicht wirklich verwunderlich, dass Menschen vor allen Figuren und Gesichter in den Zufallsstrukturen von Wolken, Holzmaserung oder altem Gemäuer sehen. Dies sicherte eventuell das Überleben. Schon Leonardo beschäftige sich mit diesem Effekt.

Was mich nun antreibt: Wo könnte etwa die Linie verlaufen, an der sich freie Malerei und die Freude an Farben und Malspuren mit solchen berührt, wo es darum geht, Auge und Gehirn mit Anreizen zu füttern, die den Kopf so gut beschäftigt halten, dass wir Spannung und Freude dabei empfinden?

Um die Frage zu verfolgen haben sich meine Motive, soweit man davon sprechen kann, verschoben: weg von der Welt der Maschinen hin zur Alltagswelt: Garten, Haushalt, Natur, Dinge, die eigentlich so bedeutungslos sind, wie Fantin-Latours Früchte oder Monets Heuschober. Viel Vergnügen!

Fantin-Latour - Plate of Apples, Nationl Gallery, xxx

Fantin-Latour. Plate of Apples, National Gallery, London

 

Making Sense

I was preparing for a discussion when – like old friends – some old questions on art turned up again:

Why are you doing this?

And:

Why has your artwork changed from the odd metal construction to this rather different concept of works since 2010? Even though you still are using those stripe-like kinds of format?

Well, starting with the last aspect: First, those stripes contained the starting point of my interest for the last 20 years: “How do we get a picture of the reality surrounding us?” We find it is not our eyes that guide us but it the brain puzzling pieces together to make sense of what we see by using rules worth looking into.

Looking out of different windows in a room, seeing different things this way (obviously) and putting this information together to find ONE reality behind these walls needs a complex apparatus to manage. But we make do without thinking very much about, so be careful about this “made up reality” which is not per se based on reliable truth.

Second: Our brain likes lines very much. The information they provide help constructing the wholeness of things as well as the space that surrounds us and where we act in our lives. Up to 2010 my works focussed more on these aspects and questions like: “ How far can be panels be put apart, what size do they have to have and what do I have to do with them to get the brain work out a concept of space from these elements?”

More a side-dish to this was the reflection of the down-going world of heavy machinery and construction works which had dominated the world until the 1980ies or so. But this was never the starting point in the development of works.

Third: Around 2010 the focus changed slightly: It is not only lines which “make sense” but every change of light and colour hands us information our brains use to form our idea of “what is there”. Loving painting we frequently find that the movement of a brushstroke on a surface with its subtle change of colour values, its definition of form, direction, structure and relation to its surroundings nearby can be delightful and instantly initiate a sort of search behaviour with people: They tend to detect traces of reality even in part which have never been meant like this. They find rooms, spaces, light, shapes of things and so forth. Their behaviour shows: our brains are on the lookout for sense, for interpreting information in this relation to reality as we experience it. If it was not like this we would probably not be here to enjoy art. Our ancestors have only survived on the grounds of interpreting what information their senses delivered. So it is no wonder that people for example preferably see figures and faces in the random structures of wood, clouds and old walls, just like Leonardo pointed aout in his drawings.

So what triggers me: About where might the line be between free abstract painting and the love for its traces of process and that sort of feeding of our minds with information that our brains like to work on and keeps our eyes and brains delightfully busy?

Do pursue this question my “topics”, if there are any, have more turned from the machine world to the world of our everyday lives: garden, household, nature, things which are enjoyable but as meaningless as Fantin-Latour’s Fruit or Monet’s Haystacks.

Enjoy!

Claude Monet: Haystacks, 1890

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